Spielen heißt wahrhaftig sein

Gemeinschaften brauchen spielerische Begegnungen nicht als Luxus, sondern für ihre innere Gesundheit. Im Spiel öffnet sich der Mensch ganz, macht sich verletzlich, aber auch zugänglich. So entstehen Räume der Authentizität, die die Beziehungen von Altlasten oder Erwartungen, Hierarchien und Vorstellungen von anderen und sich selbst befreien und sie in die Gegenwart holen. Sonja Zausch erzählt von ihrer Gemeinschaftsarbeit mit Menschen mit oder ohne Assistenzbedarf und von ihrem eigenen Lernprozess.
Speaker 1:

Anthroposophie zur Sache Ein Podcast der Wochenschrift des Goetheanum.

Speaker 2:

Wie kann ich mir selbst nah bleiben? Wie gelingt authentisch sein in Gemeinschaften? Im Dorf, im Büro oder in der Familie? Bei sich selbst zu sein, ist eine Grundvoraussetzung, sich anderen zuwenden zu können. Sich selbst zu erkennen, aber auch gemeinsam etwas zu gestalten.

Speaker 2:

Sonja Zausch ist zunächst Bäckerin, später Bühnentänzerin, dann Eurythmisten und mittlerweile Co Leiterin für den Anthroposophie Councile for Inclusive Social Development. Sie begleitet zahlreiche heilpädagogische Gemeinschaften. Mit mir spricht sie über ihren Lebensweg und wie man sich authentisch anderen Menschen zuwendet. Ich bin Franca Henn, Redakteurin der Wochenschrift Das Goetheanum. Schön, dass du erstmal da bist und gerade noch Zeit gefunden hast in deinem vollen Terminplaner hier in Dornach.

Speaker 2:

Herzlich willkommen, Sonja Zausch.

Speaker 3:

Ja, herzlichen Dank. Ich freue mich, dass ich eingeladen bin.

Speaker 2:

Ja, ich freue mich auch, ein bisschen Berliner Wind hier in Dornach zu spüren. Ich habe mir überlegt Du bist ja einen sehr interessanten Weg gegangen. So, was ich gelesen habe: Ausbildung als Und dann als Bündennänzerin und dann Eurythmistin. Plötzlich steht da das Feld Heilpädagogik oder auch überhaupt Soziales. Ich würde da gerne ein bisschen durchwandern durch deine Lebensepochen, wie die eine, die andere sich metamorphorsiert hat.

Speaker 2:

Was mich aber als erstes zum Einstieg interessiert, ist, ob es für dich jemanden im Leben gibt, der dich wirklich inspiriert hat oder dein Interesse an Bewegung wach geküsst hat?

Speaker 3:

Oh ja, eine schöne, überraschende Frage. Der erste Mensch, der mir eingefallen ist, als du eben die Frage formuliert hast, ist ein Kollege aus der Campill Bewegung. Und den habe ich eigentlich erst so mit vierunddreißig oder so kennengelernt, als ich eben angefangen habe, in der Heilpädagogik tätig zu sein oder in der Sozialtherapie, muss ich sagen. Und das ist ein sehr alter, weiser Mann wahrscheinlich inzwischen. Walter Krück, lebt in Berlin.

Speaker 3:

Und der hat mich auf eine Art berührt, dass ich diesen Impuls hatte, ich möchte mit der Anthroposophie wirklich weitergehen. Und nicht von dem, was mich auch oft irritiert hat und abgeschreckt hat, so ein gewisses Gefühl von: Oh, ich muss da richtig viel wissen, damit ich da mitspielen darf in dieser Kategorie, der hat mir diese Angst eigentlich genommen. Und ich glaube, wenn ich den nicht und ich nenne das so ein bisschen meine zweite berufliche Biografie. Wenn ich ihn da nicht immer im Hintergrund gehabt hätte, obwohl ich mit ihm keinen Kontakt habe, aber die Stimmung von ihm, die er mir damals mitgegeben hat Was war das für eine Stimmung? Es war die Dort, wo du bist, bist du am richtigen Ort.

Speaker 3:

Dieses Vertrauen, dass du da bist, und da darf sowas entwickeln? Und ich denke nicht: Ich bin falsch oder ich kann das nicht. Mich eigentlich, obwohl ich mich immer wieder frage, Bin ich hier richtig oder falsch? Aber es trägt mich im Grunde tief in meinem Herzen zu sagen: Doch, ich darf dazu was sagen, weil ich bin jetzt einfach hier, so wie auch heute. Genau.

Speaker 3:

Also fürs Tanzen, das warst du wieder ein bisschen gefragt. Da hatte ich tatsächlich nie einen Idol. Ich habe getanzt und getanzt und getanzt und ich hatte nie den Plan, dass ich Bühnenänzerin werde. Das ist durch so einen vermeintlichen Zufall entstanden. Und habe dann aber sehr schnell gemerkt, dass mir doch Pina Bausch, das Wuppertaler Tanztheater, ein grosses Vorbild war, weil ich dort einfach so eine Ehrlichkeit mit den Themen aus dem Leben erlebt habe.

Speaker 3:

Da wird einfach Schmerz und Freude und Leid und Blut und Tod und Liebe und Sex und alles erzählt. Und das hat mich als junge Frau, die ich als Ballettänzerin ausgebildet war, dann was ja sehr spröde eher ist und eher so technisch auch ist, sehr schnell angesprochen. Und da ist jetzt auch, leuchtet schon auf, da gibt es dann auch natürlich eine ganz einfache Verbindung zur Eurythmie.

Speaker 2:

Ist das für dich ein wichtiges Motiv, dass man ganz durchkommt, also dass das Leben, das Herzblut sich wirklich aussprechen und nicht zurückhalten oder weisheitsvoll abdämpfen, nenne ich es jetzt mal in ein bisschen sarkastischen Anführungszeichen.

Speaker 3:

Super, super. Ja, danke. Das ist schon super formuliert. Also ich habe sicherlich ein grosses Anliegen an einer Authentizität und an diesem Gefühl, ich möchte nicht zu mir selbst entfremdet leben. Das würde ich mal so sagen.

Speaker 3:

Also für mich sind diese Fragen der Entfremdung gross. Und vielleicht ist das auch der Punkt, warum ich ganz in dieser Arbeit mit Menschen mit Assistenzbedarf gelandet bin. Was heisst es, mich authentisch zeigen zu dürfen und nicht entfremdet zu sein? Und was passiert aber, wenn ich mich entfremdet erlebe? Das tue ich ja auch ganz oft.

Speaker 3:

Ich bin dann im irgendwas vor und dann laufe ich und laufe ich auf einmal den Kontakt zu diesem inneren ursprünglichen Impuls und bin nur noch dabei, mit einer Meinung oder mit einer Haltung oder mit einer Verteidigung unterwegs zu sein. Und dabei habe ich doch am Anfang so ein ganz nettes Bild gehabt, worum geht. Und dieses, ich nenne es immer so: im Hirn zurückrudern. Wieder im Hirn zurückrudern, wieder ans Herz zu kommen. Das merke ich immer wieder.

Speaker 3:

Dieser Selbstläufer ist schon gigantisch. Ich will mal kurz noch dazu fügen, weil ich ja so authentisch behaupte, sein zu wollen. Ich erlebe halt in meinem Umfeld auch immer wieder sehr viele massgeblich Männer auch, die da wirklich Profis sind in diesem Metier. Also sich unglaublich mit Meinungen zu profilieren. Und dann stehe ich daneben als gleichaltrige Frau und denke mir so: Was kann ich dazu eigentlich noch beitragen?

Speaker 3:

Und will ich dazu eigentlich auch noch was beitragen? Dann denke ich mir doch: Ich bin ja jetzt hier. Ich muss dazu was beitragen.

Speaker 2:

Und wenn dir das passiert, dass du so rumhirnst oder deine Meinungen so Das ist ja auch vielleicht oft ein Selbstläufer, dass sie dann so rauppern. Und

Speaker 3:

man macht sich

Speaker 2:

massenhaft von sich selbst entfremdet: Wie ruderst du dann zurück? Wie geht dann diese innere Bewegung? Oder das eigentliche, Authentische wieder los oder wieder raus?

Speaker 3:

Ich würde das als Methode richtig bezeichnen. Meine Methode ist, und da habe ich mich auch geschult darin und viel geübt, ist, das nennt man heute Embodiment. Also wirklich den Anschluss wieder zu dem eigenen Körper zu kriegen und zu der eigenen Atmung und zu dem eigenen inneren Bild. Wie fließt mein Blut durch meinen Körper? Wie fließt mein Atem durch den Körper?

Speaker 3:

Und eine Übung, die ich sehr gerne mache und die ich jedem empfehlen kann, ist, wirklich in die innere Körper Meditation zu gehen und zu spüren, wie sich meine Hautinnenfläche an? Das finde ich eine der grandiossten Übungen. Und dann komme ich so stark in dieses mich selber wieder verorten. Und das ist nicht selbstbezogen und egoistisch oder sowas. Also das ist es auf keinen Fall, aber es ist wieder den inneren Kontakt von innen zu fühlen.

Speaker 3:

Und ich denke mal, das ist auch ein Teil des spirituellen Wegs in der Anthroposophie. Nur da wird das Körperliche noch nicht so richtig einbezogen. Das erlebe ich immer wieder. Also wenn ich mir die Hochschularbeit anschaue, dann das Körperliche spielt da erst mal noch keine Rolle. Aber ich habe das Gefühl, wir kommen da langsam so hin.

Speaker 3:

Und so würde ich auch meine Beziehung zur Eurythmie betrachten. Und da bin ich froh meine Tanzausbildung, weil ich immer die Quelle des Körpers zur Verfügung habe. Und nicht nur dieses mein Körper ist mein Instrument. Das ist natürlich der Eurythmie Slogan, aber ich würde sagen, das ist noch mehr. Der Körper ist meine Ausgangsposition und auch emotional und seelisch.

Speaker 2:

Du hast diese Spaltung schon angedeutet, die es gesellschaftlich gibt, die man dann als Patriarchat titulieren kann. Aber unabhängig davon, was ich wahrnehme, ist die Schwierigkeit, so was wie in sich selbst hinein zu spüren, bei sich zu bleiben, einen authentischen Ausdruck in dem Moment mit den Menschen oder Situationen, die da sind Mit Offenheit und Aktivität. Dass das das Anliegen oder die unglaubliche Forderung ist jetzt an jeden oder jede und gleichzeitig dem immer noch so etwas anhängen wie Softie Softie Mäßiges. Wenn man da jetzt in irgendein Leitungsgremium hinein steht, dann wird das ja eher so abgetan oder belächelt jetzt. Also ich kann mir vorstellen, du gehst da eher innerlich durch.

Speaker 3:

Und ich muss auch wirklich wissen, worauf zahlt es ein. Also da sage ich diesen ganz blöden kapitalistischen Spruch fast. Ich muss wissen, worauf zahlt es ein, was ich hier mache. Und das muss ich vorher ganz tief prüfen. Ansonsten halte ich lieber die Klappe.

Speaker 3:

Also wenn ich das nicht geprüft habe Und ich kann ein schönes Beispiel geben: Ich habe im November war das glaube ich, im Tenantal - das ist eine Lebensgemeinschaft bei uns in Deutschland - habe ich so einen Prozess zum inklusiven Gemeinwissen, zur Entstehung des inklusiven Gemeinwesens gemacht. Und wir haben eine sogenannte Zukunftswerkstatt gemacht. Und wir haben die Stakeholder der Gemeinde, der Kommune, eingeladen mit den Menschen mit Assistenzbedarf vor Ort. Und wir waren wegen Covid eine kleine Gruppe von zwanzig Menschen. Und ich habe gesagt zu den Mitgestalterinnen, also zu den Menschen mit Assistenzbedarf dort, wir nennen die Wir fangen von Anfang an spielerisch und kreativ an.

Speaker 3:

Und der Bürgermeister, das ist mir wurscht, ich habe eine Idee. Und wir haben ein wahnsinnig süsses Spiel gemacht mit Luftballons. Da haben wir rote Herzensluftballon mitgebracht und sie mussten immer ein Mensch mit und ohne Assistent diesen Luftballon neben sich miteinander verbindend halten und damit durch den Raum und dann einmal am Bauch und einmal am Rücken und einmal am Kopf. Man kann sagen, das ist ja Kindergeburtstag. Und man kann aber auch hinterher, wenn die Übung vorbei ist, sagen: So, was habe ich erlebt, was habe ich gefühlt und was habe ich vom anderen kennengelernt und was war das für eine Beziehungsqualität und auf was zahlt die ein – ich komme wieder mit diesem Satz, weil ich finde den einfach nicht schlecht – auf was zahlt die ein, wenn wir jetzt im grossen Feld gucken und das heisst, Wir haben da eine Methode oder eine Möglichkeit, in eine Leichtigkeit zu kommen und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Speaker 3:

Und das fehlt uns ja oft. Wir wissen ja nicht, wie wir ins mit dem Fremden gehen. Und dann eine Brücke zu bilden mit so einer künstlerischen Intervention, Und das ist so in Erinnerung. Wir haben uns dann wieder getroffen im Februar und das war so ein zentrales Thema, dieses Luftballon Spiel, was wir gemacht haben. Am Ende haben wir uns in den Kreis gestellt und haben zwischen uns immer einen Luftballon gehabt und standen im grossen Kreis mit diesen Herzensluftballons dazwischen und haben uns versucht, als Kreis zu bewegen.

Speaker 3:

Das war so grossartig und eine kleine Intervention. Wir haben nur Luftballons besorgt. Aber gleich zu sagen, was verbinde ich eigentlich damit, das muss ich schon prüfen vorher. Weil sonst wird es peinlich und sonst wird es eben wirklich auch abgetan. Und ich glaube, in dem Moment, wo ich das schaffe auf der Erlebnisebene – und das ist ja das, was wir in einer künstlerischen oder kreativen Übung machen können – wir vermitteln Erlebnis.

Speaker 3:

Das bleibt auch im Herzen. Im heilpädagogischen Kurs gibt es diese Passage Die Andacht zum Kleinen. Und das ist für mich so ein Motiv da auch: Lieber die Andacht zum Kleinen und das aber fein hineinbringen, als zu sagen: Wir machen mal schnell was, damit wir uns mal lockern. Also das geht nicht, weil dann ist es Missbrauch, finde ich. Entweder es zahlt auf die Veranstaltung ein und auf das dann gehe ich in ein Hobby, da mache ich einen Freizeitkurs, aber da brauche ich nur so – zum Spass darf das jetzt nicht sein, dann nimmt es nämlich auch keiner ernst.

Speaker 3:

War das jetzt eine Antwort?

Speaker 1:

-

Speaker 2:

Ja. Ich denke noch drüber nach. Ich finde es super interessant. Vielleicht ist es auch eine gute Brücke, dazu zu kommen, wie sich dein Weg entwickelt hat. Angefangen beim Brotkneten und backen zum Tanzen, zur Eurythmie, zur Sozialtherapie, Heilpädagogik.

Speaker 2:

Kannst du uns die Brückenmomente erörtern?

Speaker 1:

-

Speaker 3:

Wenn ich die so wüsste. Ich weiss, wie sie in den Abitursprüfungen war und bereits meine Tanzausbildung hatte. Und meine Mutter beim Frühstück zu mir sagte: Es war so Ostern, wo man so ein Abitur schreibt. Und ich war schon Tänzerin. Ich habe auch schon am Theater getanzt, weil das macht man einfach dann ganz früh schon und versucht, sein Abitur noch nebenher zu machen.

Speaker 3:

Und da hat meine Mutter gesagt: Willst du jetzt ein Leben lang Tänzerin sein? Dann habe ich gesagt: Ja, wieso nicht? Dann sagt sie: Das ist doch eine total protlose Kunst, so ganz klassisch, konservativ. Dann habe ich gesagt: Was soll ich denn machen? Sagt sie: Ihr macht doch eine Bäckerlehre.

Speaker 3:

Da ich gesagt: Ja witzig, Mama, so ein Blödsinn! Ich war nämlich auch auf dem humanistischen Gymnasium und habe Latein- und Altkrisch gelernt und dann eine Bäckerlehre. Und das hat klack, klack gemacht. Und ich dachte, eine Bäckerlehre? Wie geil, was eine coole Idee!

Speaker 3:

Und da bin ich zum Bäcker in diesemessischen Dorf, wo wir gewohnt haben. Das war der Dorfbäcker, und da habe ich gesagt: Ja hallo, ich wollte mal fragen, ob ich eine Bäckerlehre machen kann. Und dann hat er gesagt: Ich suche einen Bäcker und kein Mädchen. Ich dachte: ueber, schade! Ich würde aber doch so gerne.

Speaker 3:

Da habe ich noch mal einen Satz dazu gesagt: Naja, aber ich würde schon gerne auch ein Bäcker werden. Auch wenn ich ein Mädchen bin. Mädchen fand ich damals auch schon irritierend, dass er mich Mädchen genannt hat. Und dann hat er gesagt: Ich kann ja mal Probearbeiten. Das habe ich gemacht und das habe ich ganz fleißig und ordentlich gemacht.

Speaker 3:

Dann habe ich nach dem Abitur direkt eine Bäckerlehre gemacht Ich habe noch ein Jahr dann am Theater die Vorstellungen getanzt, aber nicht mehr fest im Ensemble mittrainiert und neue Produktionen einstudiert und habe dann die Bäckerlehre gemacht. Und dann ziemlich bald nach der Lehre auch gemerkt, das wird sicherlich nicht meine Berufsperspektive. Das hat mich doch nicht unbedingt herausgefordert. Bin dann aber doch noch nach München gegangen, weil ich dachte, ich studiere vielleicht Ernährungswissenschaften studieren oder so was. Und habe da dann bei Mövenpick in der Konditorei gearbeitet.

Speaker 3:

Da war immer dieses Opernhaus daneben, diese Staatsoper, das war da nicht weit weg. Und immer, wenn ich ins Münfpick fuhr, bin ich an der Staatsoper vorbei. Dachte ich: Nein, das geht so nicht. Ich musste noch mal in diese Staatsoper einen Fuss rein setzen. Dann habe ich dann aber auch eine Eurythmistin kennengelernt, das ging dann so parallel, und habe dann so einen Eurythmie Schnupperkurs, Dann habe ich Eurythmie erst kennengelernt.

Speaker 3:

Ich komme aus einem ganz unanthroposophischen Haushalt, und das waren drei Schnupperstunden. Nach der dritten Stunde habe ich gesagt, ich werde Eurythmistin. Das heisst, ich habe dann ziemlich schnell nach der Bäckerlehre Eurythmie schon studiert. Ich war dann einundzwanzig in München Nach dem Eurythmie Studium war ich sogar hier ein Jahr lang in Bernach, in Aesch. Das wurde neu gegründet.

Speaker 3:

Ich im Bühnenensemble mitgearbeitet, bei Christoph Graf damals noch. Und dann habe ich gemerkt, so geht es eben doch nicht. Dieser Umbildungsprozess meines leiblichen, also das muss man sich schon extrem vorstellen, von Balletttänzerin zu Eurythmie, das ein Riesenprozess im Körper auch. Und ich habe gemerkt, ich möchte eigentlich doch noch mal ein paar Jahre tanzen, weil das ist ja auch befristet. Das hatte ich dann auf einmal auch alles noch ein bisschen klarer.

Speaker 3:

Und bin nach München zurück, habe bei einer Staatsoper vorgetanzt und habe ein Engagement gekriegt wieder. Und bin dann, bis ich dreiunddreißig war, im Theater geblieben, war dann am Prematanztheater. Wo dann auch dieser Gedanke von dieser Pina Bauschidee, die ich am Anfang gesagt habe, wieder auftauchte. Weil das war auch ein Tanztheaterensemble bei Susanne Linke. Und da habe ich eigentlich dieses Erleben gehabt, dass die Eurythmie und das Tanztheater doch eine innere Nähe zueinander haben.

Speaker 3:

Die Metaebene fehlt, das ist ganz klar, diese Geisteswissenschaftliche Sicht, die Steiner ermöglicht hat oder die uns Steiner mitgegeben hat. Aber es hat eigentlich von diesem inneren Ausdruck, nämlich an dem eigenen Seelischen anzuknüpfen, schon eine grosse Parallelität. Ich habe das als sehr erfüllend erlebt. Ich habe oft im Tanzensemble in Bremen morgens Wir haben ja als Tänzerin immer zwei Stunden Training und danach geht man in die Probe. Und wir haben oft im Training Eurythmie gemacht.

Speaker 3:

Das hat den Leuten total gefallen, weil dann dieser ganze Leistungsaspekt, der im Tanztraining sonst ist, der fällt ja runter. Und ich gehe hin nur in diesen inneren Ausdruck. Das hat uns eine Qualität geschenkt, die wir übers Tanzen rein vielleicht nicht ganz so geschafft hätten, glaube ich. Es wurde damals sehr freudig aufgenommen, genau.

Speaker 2:

Und wie ging es dann plötzlich von da, in ein ganz anderes Feld? Also ich meine, da ist es ja nicht nur Eurythmistin für heilpädagogische Institutionen, sondern auch eine Metaebene.

Speaker 3:

Ja, und es fing auch gar nicht an mit der Eurythmie. Dann habe ich einer ganz an. Ich habe dann aufgehört als Tänzerin mit dreiunddreißig, weil es gab einen neuen Ballettdirektor und so und da habe ich gedacht, jetzt ist auch mal gut. Ich hatte auch schon eine Tochter zu dem Zeitpunkt, was ja auch sehr anspruchsvoll war. Diese Berufe und Kinder und Familie, das passt ja alles gar nicht zusammen.

Speaker 3:

Und habe dann noch ein Kind bekommen, nachdem ich aufgehört habe, aber im Theater zufällig noch ein Kind bekommen. Genau eine, die jetzt neunzehn ist oder gerade neunzehn wird. Und hab dann gemerkt, so, jetzt muss ich doch noch mal einen Cup machen. Und hab mich dann an einer sozialtherapeutischen Einrichtung in Berlin beworben, ohne eigentlich wirklich zu ahnen, dass da auf einmal die Eurythmie wieder für mich eine Rolle spielen wird. Das habe ich nicht kapiert.

Speaker 3:

Ich habe einfach nur gedacht, ich kann nichts ausser tanzen und backen. Was soll ich denn tun? Ich hatte echt keine Idee. Ich wusste auch, dass ich an keine Waldorfschule gehe. Dieses institutionalisierte war mir auch nicht mehr so geheuer.

Speaker 3:

Am Theater ist man sehr institutionalisiert. Ich war auch auf eine Art mega erschöpft. Und dann dachte ich, so Arbeit mit Menschen mit Behinderungen. Da habe ich mich einfach beworben als Assistentin der Geschäftsführung. Total wie man das sagt, so mit vierunddreißig war ich dann schon sehr naiv, aber es hat geklappt.

Speaker 3:

Dann habe ich da angefangen und gemerkt, ach, ich kann da ja mit Eurythmie was machen. Und so kam es, was mich jetzt trägt bis heute: diese Idee, dass diese Bildungsprozesse, die ich auf der künstlerischen Ebene mache, diese Erfahrungen, dass die eigentlich alle der Selbsterfahrungen dienen. Und wie kann ich jetzt diese künstlerischen Prozesse so gestalten, dass sie dem beruflichen Alltag dienen. Das wurde dann jetzt mein Thema. Das heisst, wenn ich Eurythmie mache, wie wir schon ein bisschen gesagt haben bei so einer Wie dient es denn der Sache?

Speaker 3:

Und so bin ich in dieses Thema Berufsbildung eingestiegen. Und das heisst auch, wenn ich Eurythmie in der Sozialtherapie gemacht habe mit den Menschen mit Assistenzbedarf, ich habe das nie als etwas therapeutisch oder pädagogisches betrachtet, sondern immer als Selbstentwicklung. Wir entwickeln uns hier gemeinsam, damit ich nachher meine eigentliche Arbeit, in Anfussriche, auf einer anderen Qualität wieder ergreifen kann. Welche Skills können wir den rhythmisch benennen? Und welche Wirkung haben unsere Skills – Wirkung ist auch ein grosses Thema für mich – Wirksamkeit.

Speaker 3:

Welche Wirkung können die haben, damit sie mir dann an einer anderen Ebene einer Fähigkeit zuspielen?

Speaker 2:

Das Spannende am Bewegen, finde ich also was mich immer wieder fasziniert, sind gerade eben zwei Das eine, was du gerade zuletzt gesagt hast: die Wirkung. Sobald

Speaker 1:

Speaker 2:

und das ist ja das Leben, alles bewegt sich auf jeder Ebene die ganze Zeit. Und das hat immer eine Wirkung. Es gibt nichts, was keine Wirkung hat – selbst ein Bleistift, der herunterfällt. Und Da keine Scheu vorzuhaben einerseits und doch auch gleichzeitig ein Bewusstsein für zu entwickeln, welche Wirkung man entfaltet, entfalten will, entfalten kann vielleicht auch. Und das zweite Motiv, das mich an bewegen interessiert, war die Motivation.

Speaker 2:

Es liegt ja schon im Wort auch drin. Warum will ich denn überhaupt etwas tun? Was bringt mich innerlich zu einer Handlung? Kannst du vielleicht sagen, welche Qualitäten oder Skills sind es, die du in diesen Selbstentwicklungsprozessen, in Gemeinschaft wie du sie jetzt genannt hast, herausforderst oder förderst?

Speaker 3:

Ich finde es toll, wie du das jetzt auch benennst. Ich glaube, so hätte ich das gar nicht benennen können. Was fordere ich da heraus? Und ich habe das Gefühl, das schließt auch wieder an eine Stelle an, die wir eben schon mal kurz angesprochen haben: Wie darf ich mich als Mensch authentisch zeigen? Es hat wieder was mit dem zu tun.

Speaker 3:

Der Körper ist eben gnadenlos. Da kann ich eben nichts Verstelltes machen. Wenn ich eben mit einer gewissen Körperlichkeit ausgestattet bin: Ich muss mit der leben. Ich kann da nicht viel dran machen. Ich kann ein bisschen abnehmen, ich kann ein bisschen zunehmen, ich kann ein bisschen Muskeln draufpacken.

Speaker 3:

Aber es bleibt bei eins Meter fünfundsiebzig und es bleibt bei dicken, fussrolligen Haaren, das ändert sich nicht wirklich, ausser ein bisschen, naja, bisschen Schönheits OP, aber was macht das denn schon? Also das heißt, der Körper ist immer eine Begegnung mit etwas ganz Puren. Und wenn ich das jetzt in der Begegnung, in einer Situation erlebe, ich würde denken, ich bringe Menschen eigentlich in sehr verletzliche Situationen. Und zum Glück wissen die das nicht unbedingt am Anfang. Und diese Achtsamkeit zu sagen: Wir gehen hier ganz kleine Schritte, weil mir ist bewusst.

Speaker 3:

Das, was ich hier von euch wünsche, da wirkt etwas auf der Ebene der Verletzlichkeit. Und das dann auch zu lernen und zu sagen, doch, das darf ich annehmen und das sein, und ich darf mich zeigen mit dieser Verletzlichkeit und mit dieser Ungeschicktheit. Und das klassische Beispiel ist für mich: Ich arbeite auch manchmal mit Menschen, die mit Wegen Qualität arbeiten. Da treffe ich auch wieder viele geschickte und kluge Männer. Dann machen wir irgendwas mit links und rechts und auf einmal hört die Geschicklichkeit auf dabei können die alle super Auto fahren die wissen alle was links und rechts und wie ein Blinker geht und alles aber dann in der Bewegung mit links und rechts Und zu sagen ist alles gut, ist alles gut, wunderbar und freuen wir uns?

Speaker 3:

Und dann diese Wertschätzung auch dieser sichtbaren Irritation und das ist eben noch ein anderes Thema, darf ich mich verunsichern lassen heutzutage? Darf ich meine Unsicherheit zeigen? Und zwar so zeigen, dass ich sie nicht entschuldigen dafür suche und sage: Mensch, nur wegen dir habe ich mich jetzt so blöd hier vor allem blamiert? Dass ich mich nicht mehr ins Fitnessstudio finde, das ist ein super altes Muster, da höre ich meinen Papa schon fast innerlich reden: Also diese Schuldfrage, haben die Eurythmie- Kolleg:innen in meinen Augen auch wirklich was zu lernen, dass sie das schaffen. Nicht einfach zu sagen: Die Übung geht so, weil sie so geht, sondern wir machen die Übung weil Und wir schaffen hier einen Weil Wir zeigen uns hier gegenseitig weil mit und so weiter.

Speaker 3:

Und bin ich echt demütig, wenn ich das schaffe, dass sowas entsteht. Also Verletzlichkeit und Unsicherheit, und das ist mit diesem Luftballon Spiel einfach genau das Thema, da kann sogar der noch platzen. Wie peinlich ist das denn? Oder wie erschreckend ist das auch, wenn er platzt? Habe ich was falsch gemacht?

Speaker 3:

Oh Gott! Und sofort kommt so was wie: Ich habe was falsch gemacht sofort.

Speaker 2:

Ist das für dich wichtig – du hast das Warum hervorgehoben

Speaker 1:

Speaker 2:

also findest du es wichtig, das offenzulegen, die Gründe, warum du an einer Übung arbeitest oder eben auf diese Verletzlichkeiten auch im positiven, wertschätzenden Sinne hinzuweisen, damit es vielleicht anders ins Bewusstsein kommt?

Speaker 3:

Genau. Ich finde wir können unter Erwachsenen ja nicht mehr so etwas nicht aussprechen. Aber ich arbeite ja jetzt meistens nur mit Erwachsenen eigentlich. Und ich finde, die müssen schon wissen, was hier passiert. Und wenn ich das nicht anspreche, dann sage ich das auch vorher.

Speaker 3:

Dann sage ich, wir machen jetzt einfach eine Übung, abends einfach bitte mal nach für jetzt. Mal irgendwie einen AIO oder was weiss ich was einfaches. Das kann man auch mal in einer Nachahmung machen. Ich denke dann immer, dann muss man es wirklich auch oft machen, damit aus der Nachahmung die Selbstannahme entstehen darf. Weil eine Übung mehrmals zu machen und die mehrmals in der Nachahmung zu machen Wir sind ja nicht im ersten Jahr siebt, wenn wir da als Erwachsene stehen.

Speaker 3:

Die müssen schon eine Chance kriegen, dass sie das zu ihrer Übung machen dürfen, die Menschen, die die Übung probieren. Und das ist eine richtige, das muss man sich bewusst machen als Anleitung, als Anleitende. Also das ist ein Prozess, den in der Erwachsenenbildung für mich absolut zeitgemäss ist.

Speaker 2:

Du hast ja auch, wir haben es vorhin schon, vor dem Gespräch gehabt, ein Buch geschrieben mit Andrea Heidekorn von der Alanus Hochschule. Spielraum für Unerwartetes. Und das hast du gesagt, das ist ein Arbeits- oder Praxisbuch. Sind das zentrale Motive, also genau diese Schritte finden? Oder diese ÜBERB

Speaker 3:

Ja, da war ich noch nicht so weit. Ich habe das zweitausendsiebzehn geschrieben und jetzt muss ich das noch ein bisschen korrigieren. Also Andrea Heidekorn steht als Herausgeberin dabei, weil sie von der Alanuso Schule ist, aber sie hat da nichts beigetragen, ausser dass sie das getragen hat und initiiert hat. Aber da sind noch drei andere Autor*innen dabei, die eben ihr Arbeitsfeld der Eurythmie in der Erwachsenenbildung beleuchtet haben. Und ich habe eben einen Teil geschrieben über die Menschen mit Assistenzbedarf und die Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen.

Speaker 3:

Das ist für mich auch noch ein grosses Forschungsfeld gewesen in Berlin jetzt bestimmt fünf Jahre, habe ich mit Psychiatrieklienten gearbeitet und eben auch mit Mitarbeitern in Einrichtungen. Ich habe ja viel Gruppenprozesse auch in Einrichtungen gemacht. Nicht Menschen mit Assistenzbedarf, aber Mitarbeiterinnen. Und ich habe dort so Methodik Didaktik Teil aufgebaut. Aber ich war noch nicht an diesem Punkt.

Speaker 3:

Und da würde ich gerne noch ein Thema bringen. Wie bin ich denn an den Punkt gekommen mit dieser Verletzlichkeit und Unsicherheit? Und da möchte ich doch den Dank an die Menschen mit Assistenzbedarf formulieren. Denn da habe ich gemerkt, wenn ich nicht Die Beteiligten sind sehr unterschiedlich in so einer Gruppensituation, ich habe mal Gruppenneurythmie mit ihnen, wen oder habe ich gemacht. Ich habe jetzt leider nicht mehr so

Speaker 2:

viele Möglichkeiten.

Speaker 3:

Da sind so individuelle Situationen. Und ich muss praktisch wegkommen von diesem Gefühl, ich möchte hier eine Binnendifferenzierung machen, sondern das Gegenteil, ich möchte eine inklusive Geste Und das ist eben eine Aufgabe, die ich darin sehe in dieser Arbeit. Und die hatte ich eben da leider bei dem Buch noch nicht zu sagen. Da war ich eher noch so unterwegs. Aber wir müssen doch für jeden das Richtige finden und trotzdem am Ende kommt's dann zusammen.

Speaker 3:

Jetzt würde ich sagen: Nein, wir müssen alle mitnehmen im Prozess und das Tolle ist, dass wir dadurch alle langsamer werden, alle ruhiger werden, alle achtsamer ja was weiss ich. Wir schwingen uns ein in einen gemeinsamen Prozess. Am Schluss tut es eigentlich allen ziemlich gut, Siehe, Luftballonspiel. Am Schluss sagen eigentlich alle: Boah, das war ein schönes Erlebnis! Und mal raus aus dem Rädchen, mal raus aus der Leistungsorientierung und aus dieser Ergebnisorientierung.

Speaker 3:

Und wenn dann, wenn jemand zu mir sagt, ja wir haben nur eine halbe Stunde Zeit, können Sie für eine halbe Stunde was anbieten, dann sage ich: Ja, wir machen was in der halben Stunde und dort, wo wir am Ende sind, nach der halben Stunde, das reflektieren wir. Und wenn es eine ist, machen wir es eine Dreiviertelstunde. Aber ich denke nicht: Was können wir denn in einer halben Stunde machen und wo wollen wir da sein? Weil den Prozess bestimmen die Beteiligten und nicht ich. Das ist schon nochmal ein grosser Wenn ich mich als Anleitende praktisch dahinter stelle und nicht da vorstelle: Unser kommt, folgt mir und los geht's: Eins zwei eins zwei eins zwei eins zwei!

Speaker 3:

So klein ich stelle mich dahinter und sage: Findet mal raus, was euer gemeinsames Tempo ist, Leute. Schaut mal, was es ist. Und das ist nicht so einfach. Und deshalb könnte man noch das Thema Scham einbringen. Das hat ganz viel mit Scham zu tun.

Speaker 2:

Ja, also der Paradigmenwechsel ist von dem Ergebnisorientierten zu dem Wahrnehmungsorientierten. Es gibt noch ganz viele Themen, die ich jetzt sehr lange mit dir weiter besprechen könnte, aber vielleicht muss ich dann mal nach Berlin kommen. Also über Scham und im sozialen Raum.

Speaker 3:

Das ist ein großartiges Thema.

Speaker 2:

Auch die Grundlage des Körpers, wie du damit umgehst. Aber weil die Zeit uns ausläuft und es schon so verflogen ist

Speaker 3:

Eine Geschichte möchte ich auf jeden Fall hier noch hören.

Speaker 2:

Ich möchte deine eine Geschichte noch hören und auch gerne am Ende noch auf die Tagung hinweisen, die ihr ja auch mit dem Stichwort Verletzlichkeit versehen habt.

Speaker 3:

Danke. Gerne. Ich möchte ihr noch eine Person nennen, weil diese Chance einfach so schön ist. Pascal Karlin ist eine Schweizerin, die hier im Jura lebt. In meinem Alter dreiundfünfzig Jahren oder dreiundfünfzigste Sie ist mit Autismus geboren und hat eine unglaublich beeindruckende Entwicklung gemacht.

Speaker 3:

Und hat darüber inzwischen zwei Bücher veröffentlich beim Infotryp Verlag. Ich habe das eine Buch als Rezensionsexemplar bekommen und habe die Rezension geschrieben und das hat mich wirklich so tief berührt, wie sie schreibt, wie die Haltung gegenüber Menschen mit Autismus ist. Und ich muss sagen, diese Art, wie sie beschreibt, dass man mit einem ganz offenen, reinen, unvoreingenommenen Wesen Herzen begegnet, das Wesentliche in der Begegnung kennenzulernen. Und das führt sie so unglaublich schön aus, dass ich da wirklich so viel profitiert habe. Wenn ich das schon gelesen hätte, als ich mein Buch geschrieben habe, hätte ich was ganz anderes geschrieben.

Speaker 3:

Und die Geschichte, die sie in ihrem zweiten Buch schreibt, ist, dass sie in ein Kloster geht und dort ein Mönch an der Tür trifft. Und sie möchte eigentlich gerne in Kirchengebäude reingehen, und sagt der Nein, sie können da jetzt nicht reingehen, weil da drin ist ein Vogel. Dann sagt sie: Was machen Sie denn mit dem Vogel? Sagt er: Ja mit dem Besen. Versuchen wir ihn rauszuholen.

Speaker 3:

Dann sagt sie: Mit dem Besen kriegen Sie den Vogel nicht raus. Sie müssen doch mit dem sprechen. Und sie geht rein in die Kirche. Nimmt diesen Vogel in ihren Innenraum, raus, was ich habe keine Ahnung. Der Vogel fliegt raus und sie geht raus und sagt: Der Vogel ist jetzt draußen.

Speaker 3:

Sie war so enttäuscht, dass der Mönch nicht wusste, dass man mit dem Vogel sprechen kann. Weil der spricht doch mit Gott. Der muss doch auch wissen, wie man mit einem Vogel spricht. Und dieses Bild dieser Geschichte - das finde ich so brillant, weil es eben zeigt: die einen Menschen möchten was verscheuchen. Das ist doch etwas.

Speaker 3:

Und auch in der Behindertenhilfe, in der konventionellen Da will man etwas verscheuchen, man will es wegkriegen, weil man ein normatives Verständnis von etwas hat. Anstatt zu sagen, ich gehe in die Beziehung und dann entsteht auf einmal etwas. Für mich ist das schlechthin im Moment. In drei Wochen finde ich eine neue Geschichte, aber die Frage, warum bist du hier? Warum begegnest du mir?

Speaker 3:

Und ich nehme dich ernst, Pascal Ich kann es euch allen ans Herz legen, die ihr jetzt zuhört. Und die kommt auch zu unserer Tagung. Sie wird dort eine Arbeitsgruppe machen. Sie hat gerade einen Film gedreht, den sie selbst alleine spricht. Und ihr Sohn hat es gefilmt und da spricht sie eben über Innenleben von Autismus.

Speaker 3:

Sie ist selber die ganze Zeit vor der Kamera. Den Film werden wir auch bei der Tagung zeigen. Wir machen einen kleinen cineastischen Beitrag. Die Tagung ist entstanden, weil wir uns in so einem Also jetzt rede ich in meiner Aufgabe als Leitung des Anthroposophie Council for Inclusive Social Development, wo ich seit fünf Jahren mit zwei Kollegen die Leitung innehabe. Und wir haben jetzt immer alle zwei Jahre eine große internationale Tage und wir wollten unsere interdisziplinären Felder, mit denen wir arbeiten, immer beleuchten und da hatten wir zuerst die Sozialwissenschaften beleuchtet, vor vier Jahren, dann vor zwei Jahren die Bildungswissenschaften und jetzt eben die Gesundheit.

Speaker 3:

Und da sind wir zu der Idee gekommen, was sind denn die gesundheitlichen Faktoren? Wir haben die Liebe, die Verletzlichkeit und das Gleichgewicht als zu drei Begriffe in den Raum gestellt. Anhand dieser drei Begriffe wollen wir uns der Frage nach individueller, gemeinschaftlicher, aber auch Erdengesundheit stellen. Mir macht sehr viel Spass macht in der Vorbereitung, weil ich merke, dass sehr viele Menschen da sehr profund sich dazu äussern werden können. Und das ist wirklich wie ein Gefühl von: Da kann man wirklich interdisziplinär draufschauen.

Speaker 3:

Und das hilft uns für diese inklusive Gemeinschaftsbildung eigentlich, dass jeder dazu eigentlich etwas zu sagen hat aus seinem inneren, biografischen oder professionellen Werdegang. Im besten Fall gehört es ja zusammen.

Speaker 2:

Danke. Ich finde es super, super spannend. Ich würde das noch von meiner Seite sehr ausdehnen können. Aber das Hauptmotiv, das ich jetzt sehr stark bei dir als Person wahrgenommen habe und auch in den verschiedenen Arbeitsfeldern, die du beschrieben hast und was ich auch gesehen habe: wie ihr versucht, diese Tagung aufzubauen und schon die letzten Tagungen auch aufgebaut habt, sich aus der Wahrnehmung zu orientieren. Also etwas tun zu wollen, handeln zu wollen, ohne etwas erreichen zu wollen.

Speaker 3:

Ich möchte das Wort Bedürfnissen dazu bringen. Entschuldigung. Also nicht nur Wahrnehmung, sondern auch zuzuhören: Was ist denn das Bedürfnis von den Menschen, die wir eigentlich auch einbeziehen möchten? Und nicht nur: Was sind wir? Immer diese Frage zu stellen: Was ist das Bedürfnis und die Fähigkeit der anderen Menschen?

Speaker 3:

Und so kommen wir sofort ins Gemeinsame. Da komme ich sofort weg von mir. Wahrnehmung hin zu den Bedürfnissen. Ich wollte es nur erwarten. Genau.

Speaker 2:

In dem Sinne meinte ich auch nur wahrnehmungsorientiert, dass man schaut, wo man ist, gerade in dem Moment mit den Menschen, mit denen man ist.

Speaker 3:

Ohne

Speaker 2:

zu denken, ich bin da hingekommen, diese Message loszuwerden oder mit denen und denen das auszuhandeln. Das ist ja ein grosser Wechsel heutzutage. Das

Speaker 3:

ist es Wirklich von der anderen Seite gucken. Und das kann man dann von der Kundenseite nennen oder von der Konsumseite. Das kann man mit solchen Worten benennen, was die Wirtschaft machen würde oder die Ökonomisierung. Man kann das auch von dem inneren Herzensbedürfnis betrachten und da kriegt man auch eine Antwort.

Speaker 2:

Also vielen Dank! Und auf jeden Fall ganz viel Freude weiterhin an deiner Arbeit.

Speaker 3:

Ja, lieben Dank. Gleichfalls. Vielen Dank für die Möglichkeit. Es ist ja erstaunlich, was in so einem Gespräch entsteht. Wir hatten jetzt ja nicht den super Plan.

Speaker 3:

Ausser, dass wir hier so schöne aufgeschriebene Zettel schon haben, an denen wir uns orientieren wollten, auch was entsteht, was entstehen möchte. Danke.

Speaker 2:

Ja, vielen Dank

Speaker 3:

dir. Ganz in meinem Sinne.

Speaker 1:

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